Sternabert

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Montag, 22. August 2016

Ural-Trip, Juni 2016 (zweiter Teil)...

Auf zur zweiten Runde! Wie im vorherigen Post angekündigt, kam Viktor Punkt 10:00 Uhr vorgefahren. Wir waren etwas in Verzug, hatten aber eine halbe Stunde später den Furgon beladen und fuhren wieder gen Ost, über die europäisch-asiatische Grenzlinie zum Ural-Ridge. Die Strecke war uns ja zum großen Teil bereits bekannt. Auf der Fahrt gab es aus dem fahrenden Bus heraus einen sehr nahen "Border"-Hopfkuckuck, Gebirgsstelzen, Sing- und Wacholderdrosseln auf der Piste und die fast allgegenwärtigen Wanderlaubsänger, Grünlaubsänger und Tristis-Zilpzalps. Ein Blick durchs Innere des Autos verriet uns recht rasch, dass Vikor unsere zweite Proviantladung nicht an Bord hatte - mmmhh - wohl ein Verständigungsproblem oder schlichtweg vergessen. Das Ganze sollte sich am Folgetag aber klären und wir bekamen unsere Lieferung von einem Fahrer, der mit einer belgischen Gruppe, Köchin und Yulia, einer der Mitarbeiterinnen von Oleg, auf der Fahrt zum Kwarkusch für zwei Nächte in unserer Nähe campierte. That is Russia! Wie bei der Ankunft am ersten Spot, ging bei unserem Eintreffen am Ural-Ridge ein sagenhafter Wolkenbruch hernieder - Zeltplatz suchen - Tarp abspannen - Zelte aufstellen - Feuerchen...
© Steve Klasan
Kleiber (Sitta europaea asiatica) © Ralph Martin
Als der Regen nachließ umschwirrten uns gefühlt noch mehr Mücken als am Kwarkusch. Dennoch malerische, unwegsame, uralesische Taiga mit Totholz, gigantischen, knorrigen Kiefern, Hängeflechten, Heidelbeeren und Frischwasser nur einen Steinwurf entfernt. Ein schnelles Teechen und auf zum Ridge, um den hungrigen Blutsaugerschwadronen zu entfliehen und die Lage zu sondieren.
Die avifaunistische Artenzusammenstellung vor Ort glich weitestgehend der am ersten Lagerplatz. Es gab allerdings mehr überfliegende - besser nach West ziehende - und rufende Fichtenkreuzschnäbel, was besonders RM sehr freute und sicher für einige Stunden digitalen Tonmaterials gesorgt haben dürfte. Auf dem Spaziergang nach oben kreuzte unweit eine Erddrossel meinen Weg. Selbst auf die Kürze der Beo. eindrücklich, wenn ein solcher Brocken mit seiner auffälligen Unterflügelzeichnung nur wenige Meter vor einem auf Augenhöhe im Zickzackflug durch das relativ dichte Unterholz navigiert. Mit ihrem Gesang ließen diese "Melancholiker" in der ersten Nacht allerdings etwas auf sich warten - dann aber fulminant aus nächster Nähe. Nachdem sich der Wald gelichtet hatte - Geröllhalden mit einzelnen von der Sonne übrig gelassenen Schneefeldern. Auf den nassen, schmierglatten, zum Teil wackeligen Steinen des Ridge musste man schön aufpassen! Ganz oben angekommen entspannte uns aber ein grandioser Blick über das umliegende Terrain.
© Steve Klasan
© Steve Klasan
Etwas rechterhand von unserer Lagerstatt lag also die Talsenke, die es am nächsten Tag zu durchwandern galt - auf der Suche nach der Schwarzkehlbraunelle. Zwei Zigaretten im Abendrot und zurück zum Camp. Im Dunkeln überflog noch ein unbekannter Vogel die Zelte, desssen Flugrufe und Flügelgeräusche wir nicht sicher einer bestimmten Art zuordnen konnten. Dann begann es wieder zu regnen und wir verschoben unseren sehr früh veranschlagten morgendlichen Aufbruch um ein paar Stunden - endlich mal ausschlafen!
Nach einem kleinen Snack und einem Kaffee machten sich LP, SK und meine Wenigkeit im Laufe des Vormittags auf und wir gerieten am Fuße des Ridge entlang, über ansteigende Geröllfelder, in einen galerieähnlichen Wald mit feuchtem Untergrund, welcher sich zumeist aus Birken und Fichten zusammen setzte. Die Birken hier trugen eine Patina und Flechten auf der Rinde, dass man hätte denken können, man sei auf Omas verwilderter Streuobstwiese gelandet.
Birkhuhn (Lyrurus tetrix) © Ralph Martin
So liefen wir, spähten und lauschten, hörten aber vornehmlich nur Wanderlaubsänger, Fitisse, Grünlaubsänger, Zilpzalps, Blauschwänze, Waldpieper, Rotdrosseln, Erlenzeisige, Bergfinken und Heckenbraunellen, von denen sich jedoch leider keine einzige als Schwarzkehle entpuppte.
Wanderlaubsänger (Phylloscopus borealis) © Ralph Martin
Wanderlaubsänger (Phylloscopus borealis) © Ralph Martin
Taigazilpzalp (Phylloscopus collybita tristis) © Ralph Martin
Uns gelang ein kurzer Blick mit dem Spektiv auf eine auf einer Fichtenspitze singende Erddrossel. Auffällig waren viele Tannenhäher, die das Tal scheinbar als Korridor zwischen Taiga und Galeriewald, beziehungsweise zwischen Taiga und eingestreuten almähnlichen Bereichen jenseits des Ridge nutzten. Im offeneren Gelände mit Birken und Weidengestrüpp gab es auch hier eine hohe Abundanz von Gelbbrauenlaubsängern. In einem Durchströmungsmoor an der kleinen Ljampa machten wir zwei Bekassinen hoch und beobachteten zwei Seidenschwänze, die sich nicht weit entfernt für kurze Zeit in einer kleinen Birke niederließen.
Kleine Ljampa
Nickerplätzchen © Steve Klasan
© Steve Klasan
Waldpieper (Anthus hodgsoni) © Ralph Martin
Waldpieper (Anthus hodgsoni) © Ralph Martin
Bei recht angenehmen Temperaturen war nach einer kleinen Stärkung ein erquickliches Nickerchen unter Birken auf einer Wiese indiziert. Hernach erreichten und querten wir ein fast ebenes Geröllfeld, von dessen Rand aus man via Spektiv in der Ferne sowohl das Kwarkusch-Plateau als auch selbst die Drei Brüder sehen konnte, auf denen wir noch vor ein paar Tagen die Weite der Bergtundra genossen hatten.
Mit Nässebrand an den Füßen erreichten wir in der Dämmerung nach langem Marsch wieder unser Lager und bereiteten uns ein ausgiebiges, gutes Mahl aus unserem frisch angekommenen, im Grünen hinterlegten Mundvorrat. Am folgenden und letzten Tag am Ural-Ridge gingen wir jeweils einzeln auf Tour - auch mal ganz schön in unendlicher Ruhe und der urigen Umgebung seinen Gedanken nachzuhängen.
Koch und © Steve Klasan
© Steve Klasan
© Steve Klasan
Es kamen noch Arten wie Hakengimpel und Habicht auf unsere Liste - allein die Schwarzkehlbraunelle konnte keiner von uns ausfindig machen. Dennoch ist es ein grandioses Gefühl, ganz allein durch die wilde Einöde zu wandern und ohne GPS auch ein wenig abenteuerlich, da man sich wirklich sehr leicht verirren kann. Am Abend fanden wir uns vollzählig und gut gelaunt am Lagerfeuer zusammen, saßen dort ein ganzes Weilchen aßen und palaverten und fanden nach und nach den Weg in die Zelte.
© Steve Klasan
Die folgenden Tage sollten wir mobil sein - sprich Viktor stand uns nun die ganze Zeit zur Verfügung, sodass wir jeden Abend woanders unser Camp aufschlagen konnten.
 Dazu mehr im nächsten Post...