Sternabert

Sternabert

Donnerstag, 5. Februar 2015

Weiter durch Aserbaidschan...

... In Mingechevir blieb uns der Zugang zum größten Binnensee des Landes versagt, wir gingen in ein Hotel und beobachteten abends an der hoteleigenen Uferpromenade Lachmöwen und zum Schlafplatz einfliegende Steppen- und Armenienmöwen. Außerdem stiegen wir einem laut rufenden Zilpzalp hinterher um Fotos und Tonaufnahmen anzufertigen. Demnächst hier vielleicht ein Essay von unserem phylloscopus-Prof. LP. Bis dahin halte ich mich mit der Unterartbestimmung erstmal zurück.
Chiffchaff, Mingechevir; Azerbaijan 01.2015 © Lukas Pelikan
Am nächsten Morgen hier ein Rotstirngirlitz in einem gepflanzten Nadelbaum an der Promenade und ein Wintergoldhähnchen. Wir brachen nach einem Tee auf, um in einem Kiesabbaugebiet in der Nähe Armenienmöwen zu suchen. 5 adulte Tiere konnten wir auch finden, eine Fischmöwe und Krauskopfpelikane flogen ebenfalls umher. Dann fuhren wir um das östliche Ende des Mingechevir-Stausees herum, um an den Acinohur Salzsee zu gelangen. Im näheren Umfeld dieses stark zurückgegangenen Sees herrschen regelrechte Wüstenverhältnisse.
salty steppe around Acinohur-Lake; Azerbaijan 01.2015
salty steppe around Acinohur-Lake; Azerbaijan 01.2015
salty steppe around Acinohur-Lake; Azerbaijan 01.2015
In der etwas gemäßigteren Agrar- und Steppenlandschaft trafen wir auf einen größeren Trupp Kalanderlerchen. Mit von der Partie auch Haubenlerchen und Feldlerchen, nicht aber Weißflügel- oder gar Mohrenlerchen. Direkt im kargen Seeuferbereich flog eine kleine Gruppe rufender Stummellerchen nur wenige Meter an uns vorbei.
leering Azeri from Potsdam
salty steppe around Acinohur-Lake; Azerbaijan 01.2015
my friend SK and me in the Acinohur-steppe; Azerbaijan  © Steve Klasan
Auf der Weiterfahrt, durch hügliger werdende Steppe, waren am Horizont Kropfgazellen und Mönchs-, sowie Gänsegeier zu sehen. Hier auch hohe Abundanzen an Merlinen und Misteldrosseln. Sogar eine amicorum Ringdrossel ließ sich in einem Busch an einer Viehtränke hervorragend  beobachten nachdem sie rufend eingeflogen gekommen war.
Acinohur-steppe ; Azerbaijan 01.2015
Acinohur-steppe ; Azerbaijan 01.2015
amicorum Ring Ouzel, Acinohur-steppe ; Azerbaijan 01.2015 © Lukas Pelikan
shashlik and teakettle
Am Nordostufer des Mingechevir-Stausees, wo wir unsere Zelte aufschlugen und uns am Abend ein wohlschmeckendes, aber zähes Schaschlik am Feuer bereiteten, konnten wir am Morgen darauf sowohl einige Rost- und Grau-, als auch wenige Blessgänse beobachten. Ein Trupp von wahrscheinlichen Alpenstrandläufern flog ab und an in der Ferne bei flirrenden Sichtverhältnissen den Spülsaum entlang. Mehrere Schellenten und wenige Schwarzhalstaucher waren auf der Wassefläche zu sehen und einzelne Fischmöwen patroullierten durch die Lüfte. Am Qanix-Fluss, an der Grenze zu Georgien, die ersten Gimpel der Reise und ganz schöne Landschaftseindrücke.
Qanix-River; Azerbaijan  01.2015
Qanix-River; Azerbaijan  01.2015
Qanix-River; Azerbaijan  01.2015
Nach ein paar Stunden Fahrt über Lehm und Stein, während der wir immer wieder auf Merline, Drossel- und Finkentrupps trafen, saß auf einmal ein Raubwürger in unmittelbarer Nähe an der Piste. Beim Abflug konnte man große weiße Flügelfelder erkennen, welche sich weit bis auf die inneren Armschwingen ausdehnten. Oberschwanzdecken, Bürzel und Schwanzbasis erschienen recht hell, wenn auch nicht reinweiß. Dennoch denke ich, dass wir es in diesem Fall mit einem homeyeri Raubwürger zu tun hatten. Die folgende Nacht verbrachten wir bei kaltem Schmuddelwetter mit leichtem Schneeregen und der ersten brachialen Reiseunbill in Form von Emesis und Diarrhoe bei einem unserer besten Männer in einem ziemlich teuren Hotel. Nach einem opulenten Mahl tranken wir noch ein Pilsken auf unserer Kemenate und nahmen am nächsten Tag die Strecke grob nach Ost zur Kaspiküste am Besh Barmag. Hier befindet sich eine Hühnerfarm mit angeschlossener Müllkippe, wo sich gewaltige Mengen an Sturm- und Steppenmöwen ein Stelldichein geben. Aus den rund 90000 Vögeln konnten wir sowohl eine K2 Eismöwe als auch eine Silbermöwe im 3. Winter herausstechen. Letztere ein Erstnachweis für Aserbeidschan! Eine fast reinweiße Sturmmöwe flog uns auch desöfteren durchs Bild, oder stand unübersehbar zwischen den anderen auf dem Acker.
Wetlands, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015
Caspi coast and Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015
Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
Gulls in the air, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
brackish water beyond Caspian beach; Azerbaijan 01.2015
Glaucous Gull, 2nd cy (on the bottom left), Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
Glaucous Gull, 2nd cy, Besh Barmag; Azerbaijan  01.2015 © Steve Klasan
Glaucous Gull, 2nd cy; Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015
argentatus Herring Gull, 4th cy, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
argentatus Herring Gull, 4th cy, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
Auf der Kippe aber auch um die 30 Schwarzmilane, 205 Seeadler, einige Mönchsgeier und vereinzelt Gänsegeier. An einem blutroten Bächlein, welches direkt im Schlachthaus seinen Ursprung hatte, immer wieder Wasserrallen ziemlich offen und kleinere Trupps von dukhunensis Bachstelzen.
Black Vultures with White-tailed Eagles, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015
Water Rail, Besh Barmag; Azerbaijan 01.2015
Nach 2 Tagen zwischen Schafen und scharfen Hunden, schwelender Müllhalde, Brackwasser-Lagunen und tosender Kaspiküste, machten wir uns auf, um unsere Lungen zur Abwechslung einmal mit frischer Hochgebirgsluft zu füllen und um grandiose landschaftliche und auch vogelkundliche Eindrücke zu erleben. Wir fuhren über Quba in die Berge und nahmen Quartier in einer beschaulichen, innen holzvertäfelten, wohlig warmen Herrberge. Zu viert auf Stube, mit all unserem klammen Gerödel, aber immer bei bester Laune und glücklich, hier sein zu dürfen. Leckeres Abendessen und die Aussicht auf einen ganzen Tag am Gizil Gaya ließen uns spät am Abend entspannt ins Reich der Träume hinübergleiten. Gegen 8:00 Uhr starteten wir nach Xinaliq, einem alten Bergdorf am Rande der Zivilisation. von dort aus stiegen wir in die Hochgebirgsmatten, sahen penicillata Ohrenlerchen, Mauerläufer, caucasicus Wasseramseln, montana Alpenbraunellen, Alpenkrähen und auch rund 30 Alpendohlen, Gänsegeier, Chukarhühner und besonders aufregend, die schönen Kaukasuskönigshühner mit ihrer Flugakrobatik in den steilen Klippen. Besonders aktiv zeigten sich die Tiere, als 3 Steinadler über dem Felsmassiv kreisten - einfach berauschend bei herrlichem Sonnenschein.
Xinaliq, Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015 © Steve Klasan
Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015
Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015
Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015
penicillata group Horned Lark, near Xinaliq; Azerbaijan 01.2015
penicillata group Horned Lark, near Xinaliq; Azerbaijan 01.2015
Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015  © Steve Klasan
me on the brick, Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015
Caucasus Mountains; Azerbaijan 01.2015
farmyard near Xinaliq, Caucasus; Azerbaijan 01.2015
Gizil Gaya, Caucasus; Azerbaijan 01.2015 
mountains near Xinaliq, Caucasus; Azerbaijan 01.2015
mountains near Xinaliq, Caucasus; Azerbaijan 01.2015
In der folgenden Nacht erwischte mich die verhoffte Diarrhoe, unser Tagesziel war die russische Grenze im Norden des Landes. Mit Loperamid im Blut ging´s los. Leichter Nieselregen, viel Müll an der Route sowie auch an der Küste und zum Teil sehr verkommene, feuchte Bauten standen in krassem Kontrast zum eben noch erlebten Bergidyll. Mein sich ohnehin schon drehender Magen und mein Allgemeinzustand an sich potenzierten diese subjektiv eher unbehaglichen Gefühle noch. Nichtsdestotrotz durchsuchten wir einen in der Feldflur rastenden hunderter Trupp Goldammern nach besonders hellen Individuen und 2, 3 weibchenfarbige Vögel waren auch dabei, überzeugten ob eizelner gelblicher Nuancen an den Flanken oder im Unterflügelgefieder jedoch nicht 100%ig. Außerdem die ersten gelungenen Bilder eines Rotstirngirlitz.
Fire-fronted Serin; Azerbaijan 01.2015
Am Nachmittag erreichten wir ein Plätzchen in einem Wald, ca. 30 km von der Grenze entfernt, wo ich sogleich mein Zelt aufschlug, um mich, von Schüttelfrost geplagt, in den Schlafsack zurück zu ziehen. Hier sogleich Bunt-, Grün- und caucasicus Mittelspecht. Knappe 3 Stunden später wurden wir allerdings unter Milizaufgebot dazu genötigt, unsere nassen Zelte wieder abzubrechen und die Lichtung zu räumen - kein Erbarmen die Azen ;) Mir war es irgendwie auch recht, denn nun checkten wir, nach knapp 4 Stunden Autofahrt, bis in die Dunkelheit hinein, wieder Richtung Süden, schon eine Nacht früher in Baku im Hotel ein. Am nächsten Tag pendelte meine Wenigkeit zwischen Bett und Lokus, während die anderen die Stadt erkundeten. An der Hafen-Promenade saßen wohl einige Schwarzkopf- und Steppenmöwen zwischen hunderten Lachmöwen. Palmtäubchen, Seidenschwanz und Halsbandsittich fanden schlussendlich auch noch den Weg auf unsere Trip-Liste. Insgesamt haben wir auf unserer Tour für diese Jahreszeit erstaunliche 184 Arten gesichtet! Schön war´s jewesen!!!
Ring-necked Parakeed, Baku; Azerbaijan 01.2015
Die letzte Nacht in Aserbaidschan endete um 4:25 Uhr Ortszeit, Tabletten rein und los. Die Brandenburger Jungs hatten gegen 6:45 Uhr eingecheckt, allein es fehlten 3 Leute aus der Gruppe, welche zu allem Überfluss Schwierigkeiten mit der Staatsgewalt bekommen hatten, weil wir uns scheinbar nicht immer vorschriftsmäßig mit unseren Visa bei den örtlichen Behörden an und abgemeldet hatten. So wechselten nochmal einige hundert Euro ihre Besitzer und zu guter Letzt musste doch niemand dort bleiben, oder gar in den Knast. Nach knapp 10 Stunden Reisezeit landeten wir glücklich und zufrieden am frühen Nachmittag im guten alten Berlin Schönefeld...

 Hələlik! - der Sternabert...

2 Kommentare:

  1. Toller Reisebericht!
    Es ist faszinierend, wie viel Vogel-Leben in einer doch eher karg und lebensfeindlich wirkenden Umgebung steckt.
    LG Daniela.

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  2. Einen großartigen und sehr informativen Blog hast du. Ich habe das Lesen deiner Reiseberichte sehr genossen und die Berichte aus dem Havelland finde ich ebenfalls sehr interessant. Komisch, dass wir uns draußen noch nie über den Weg gelaufen sind. Mein Vogel-Wildlife-Wetter-Blog (meist Berlin/Brandenburg) kannst du hier sehen: www.tornadoropa.eu
    Schöne Grüße, Christian

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