Sternabert

Sternabert

Donnerstag, 13. März 2014

Goldregenpfeifer, Kurzschnäbel und andere Schönheiten...

Drei Tage im Havelland bei Kaiserwetter erbrachten zwar keine Kracher, jedoch einige schöne Sichtungen - zeitweilig in hervorragender Gesellschaft. Gleich am Sonntag 5 Kurzschnabelgänse (Anser brachyrhynchus) in einem Trupp von ca. 480 Tundrasaatgänsen (Anser fabalis rossicus) auf einem umgebrochenen Acker hinter Hohennauen. Der dort ansässige echt nette Bauer hatte zwar Bedenken, dass sie seine Aussaat vertilgen könnten, ließ sie dennoch gewähren - Hut ab! Beachte die breite weiße Schwanzendbinde des Vogels mit geneigtem Kopf auf dem ersten Bild.
5 Pink-footed Geese (09.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
5 Pink-footed Geese (09.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
Es hatten sich auch wieder mindestens zwei, scheinbar skandinavische Waldsaatgänse (Anser fabalis fabalis) unter ihre, in der Tundra brütenden Artgenossen gemogelt. Der vermutliche Ganter saß da, verschlief die meiste Zeit und lugte nur ab und an mal hervor. Ich gehe stark davon aus, dass es dieselben Vögel waren, die ich schon am 18.02. in der Nähe angetroffen hatte. Nachdem die Gänse nach kurzer Unruhe abgeflogen, umgehend jedoch wieder unweit gelandet waren, konnte ich auch das Weibchen, auf der zweiten Aufnahme in der hinteren Reihe, Mitte links, ziemlich sicher ansprechen.
Taiga Bean Goose presumed male (09.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
Taiga Bean Geese, presumed male and female (in the background concentric left) (09.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
Am Folgetag waren die Kurzschnabelgänse noch vor Ort, außerdem diese, in der Überschrift schon angekündigte zimtfarbene, wahrscheinlich wieder von weiter ostwärts stammende Schönheit, mit leicht rosafarbener Schnabelzeichnung. Vor einiger Zeit wurde noch bei sogenannten Sushkin (neglectus)- und Buturlin (carneirostris)-Gänsen die Schnabel- und/oder Beinfarbe als art-, bzw. unterartkennzeichnendes Merkmal angesehen. Neuere Forschungsergebnisse haben allerdings gezeigt, dass dem nicht so ist, diese Populationen existieren praktisch nicht. Vielmehr wird heute von Farbvariationen in den jeweiligen Tundra- oder Waldsaatgansbeständen gesprochen.
 probable "carneirostris"-type Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris?) (10.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
 probable "carneirostris"-type Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris?) (10.03.14; Hohennauen-Brandenburg, Germany)
Am Dienstag, beim morgendlichen Kaffee im Pareyer Luch, flog ein weibchenfarbener Merlin (Falco columbarius), parallel zum Plattenweg, niedrig über Grünland, direkt an mir vorbei, um kurze Zeit später hinter einer Bodenwelle zu verschwinden. Leider konnte ich den möglicherweise dort gelandeten Vogel weder mit dem Glas, noch mit dem Spektiv wiederfinden. Dafür hab´ ich mir am Wasserkessel gehörig den Daumen verbrannt. Kurz vor Rübehorst rasteten an einer Ackerblänke ungefähr 820 Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria). Auch zwischen denen hatte sich jemand mit leuchtend orangen Beinen versteckt, mein erster Kampfläufer (Phylimachus pugnax) in diesem Jahr. Neuere Erkenntnisse haben wohl ergeben, dass manche Männchen dieser Art zur Brutsaison nicht ihr typisches Prachtkleid anlegen, dann also wie Weibchen gefärbt durch den Sommer gehen bzw. fliegen. Bei allein stehenden Vögeln, bei denen man die Körpergröße nur schwer einschätzen kann, ist also zu gegebener Zeit etwas Vorsicht bei der Geschlechterbestimmung angebracht. Von den Äckern ringsum, stiegen immer wieder größere Gruppen von Goldis, Kiebitzen (Vanellus vanellus) und Staren (Sturnus vulgaris) auf. Insgesamt waren es schätzungsweise 2220 Goldregenpfeifer, von denen ich später einen großen Teil auf einem Acker, an der Hauptstraße von Rhinow nach Strodehne gelegen, durchmustern konnte. Dabei fiel mir, wie schon damals an den Angermünder Fischteichen, ein vergleichsweise recht helles Individuum auf. Haltung, Körperproportionen und Handschwingenprojektion lassen hier meines Erachtens aber erneut nur eine Bestimmung als europäischer Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) zu.
European Golden Plover, pale individual  (11.03.14; Rhinow-Brandenburg, Germany)
European Golden Plover, pale individual (11.03.14; Rhinow-Brandenburg, Germany)
Erst eine, dann zwei Dohlen (Corvus monedula) inspizerten einen potenziellen Brutplatz in Rhinow.
European Jackdaw (11.03.14; Rhinow-Brandenburg, Germany)
European Jackdaws, pair? (11.03.14; Rhinow-Brandenburg, Germany)
Leuchtend weiß und eher unpassend gefärbt, zieht man die doch schon frühlingshaft anmutende Umgebung in Betracht, kam auch dieser Geselle daher. Der treibt da schon länger sein Unwesen, wühlt, sichert und fängt zuweilen mal eine fette Wühlmaus. Als ich ihn das erste mal sah, rannte er gerade, extrem auffällig und im gestreckten Galopp, durch sein Revier. Ein Kurzschwanzwiesel (Mustela erminea), auch Hermelin genannt.
Stoat, winter-plumage (11.03.14; Rübehorst-Brandenburg, Germany)
Stoat, winter-plumage (11.03.14; Rübehorst-Brandenburg, Germany)
Bei einer Nachtwanderung durch einen mit kleinen Hochmooren durchsetzten Mischwaldabschnitt bei Linde konnte ich zum "Schnepfenstrich" mehrere Waldschnepfen (Scolopax rusticola) fliegen sehen und "puixen" und "knorren" hören. Stockenten (Anas platyrhynchos) quakten beim Liebesflug im Zwielicht und von Ferne her erscholl der Paar-Ruf von zwei Kranichen (Grus grus). Eulen gab es keine - hatte ich doch insgeheim endlich mal auf einen rufenden Raufußkauz (Aegolius funereus) in dem relativ gut strukturrierten Bestand gehofft - aber eine Rotte Wildschweine, die entspannt grunzend und den Waldboden durchwühlend an mir vorbei trottete. Am Gülper See und im Wachower Lötz rief schon die Rohrdommel (Botaurus stellaris) und auf dem Trebelsee schwammen 7, zum Teil "wiehernde" Rothalstaucher (Podiceps grisegena). Dort hinter´m Deich, auf den überschwemmten Wiesen, stand auch eine für das Gebiet recht beachtliche Anzahl von 210 Weißwangengänsen (Branta leucopsis) in einem größeren Trupp von eurasischen Blessgänsen (Anser albifrons albifrons). Die vermutlich letzte Chance auf die Sichtung einer Zwerggans in diesem Winter erbrachte wie schon gewohnt leider keinen Treffer. Drei Sonnenuntergänge zum Ausklang - Nr. 1 mit Biberburg...
Pareyer Luch - Großer Graben
Gülper See - Feldflur, Südufer
Gülper Havel - Nadelwehr
...herzliche Grüße - Bert...

Donnerstag, 6. März 2014

Meine Freunde...

In der Havelaue bieten sich momentan gute Gänsebeobachtungsbedingungen. Es sind schätzungsweise um die 16500 bis 19000, vornehmlich Blessgänse (Anser albifrons) im Gebiet. Eine artreine Ansammlung von ca. 2620 Weißwangengänsen (Branta leucopsis), konnte ich am 04.03. in den Wiesen südlich von Gülpe beobachten. Insgesamt sind sicher mehr als 5500 Nonnengänse in der Havelaue unterwegs. In fast jedem größeren Blessganstrupp kann man einzelne, bis hin zu hunderten, entdecken. Um die 600 Tundrasaatgänse (Anser fabalis rossicus) stehen vereinzelt in kleineren Rastguppen im Grünland. Zwei vermutlich aus eher östlich, denn skandinavisch gelegenen Gefilden stammende Waldsaatgänse (Anser fabalis fabalis [johanseni?]) grasten, mit hängenden Flügeln, abseits eines Tundrasaatganstrupps und flogen dann, typisch sonor, fagottartig rufend, gemeinsam ab. Scheinbar ein Paar, denn es war ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus, sprich, Größenunterschied zu erkennen. Der Status von johanseni - Waldsaatgänsen ist meines Wissens umstritten, sie sollen, im Gegensatz zu fabalis, einen größeren schwarzen Schnabel mit oranger "Zigarrenbinde" haben, was bei den beiden imposanten Vögeln so auch zutraf, und ihr Verbreitungsgebiet soll sich von den Wäldern des Uralgebietes, ostwärts bis zu denen am Baikalsee erstrecken. Einige Spezialisten negieren die Existenz der von Delacour beschriebenen Unterart und rechnen auch die Vögel aus diesem östichen Verbreitungsgebiet zu A. f. fabalis.
Taiga Bean Geese (A. f. fabalis [johanseni - type?]) adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany), pair feeding
Taiga Bean Goose (A. f. fabalis [johanseni - type?]) adult, male (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
Unter ungefähr 410 Tundrasaatgänsen bei Gülpe war auch noch eine adulte Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchus) ausfindig zu machen, von der mir ein paar schöne Aufnahmen gelungen sind. Das sollte in den drei Tagen, vom 03.03. bis 05.03., allerdings meine einzige Sichtung eines Vogels dieser Art gewesen sein. Kürzlich wurde wohl eine in Spitzbergen, mit weißem Fußring, gekennzeichnete brachyrhynchus in Sachsen festgestellt - ganz bemerkenswert!
Pink-footed Goose adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
Pink-footed Goose adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
Besonders auffällig fand ich einzelne, wie auf dem zweiten Kurzschnabelbild im Vordergrund abgebildete, sehr hell zimt-/cappuccino-farbene Saatgänse, die regelrecht zwischen den anderen hervorleuchteten und großköpfig, großschnäblig wirkten. Einige von denen wiesen einen beachtlichen "grinning patch" auf. Ähnliche Vögel hatte ich im März 2011 schoneinmal, in kleiner Zahl, bei Päwesin beobachtet und fotografisch verhaftet. Hier auf dem ersten Bild, zum Vergleich, ein schönes Exemplar von damals bei Sonnenschein, wodurch die tatsächliche Gefiederfarbe eindrücklich dokumentiert ist.
probable Eastern Tundra  Bean Goose (serrirostris?)  (09.03.2011; Päwesin-Brandenburg, Germany)
 probable Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris?) adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
 probable Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris?) adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
 probable Eastern Tundra Bean Geese (serrirostris?) adult (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
Western Tundra  Bean Geese (rossicus) (left), probable Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris?)  (05.03.14; Gülpe-Brandenburg, Germany)
Leider hatten wir letzthin am Amur nicht die Möglichkeit, die dort durchziehende und in der nordostsibirischen Tundra brütende Unterart der Tundrasaatgans (serrirostris) - diese kam mir nämlich spontan in den Sinn - in ausreichender Weise zu studieren. Farblich und vom Jizz her, waren bei den ca. 10 bis 15 locker zusammen stehenden Vögeln,  insbesondere auch live seinerzeit in Päwesin und jetzt in Gülpe, für mich allerdings signifikante Unterschiede im Vergleich zu den umstehenden rossicus zu erkennen, die anhand der Aufnahmen, denke ich, auch annähernd nachvollziehbar sind. Ein Vergleichsbild eines fliegenden Vogels vom Amur (leider stark gecroppt), aus der Hand von Steve Klasan.
Eastern Tundra Bean Goose (serrirostris), flight (06.10.13) (Muraviovka Park-Amur region, Russian Far East)
Ob das nun serrirostris sein könnten, oder ob sie in die Variation von rossicus passen, kann ich wiedereinmal nicht mit Bestimmtheit sagen. Ein unzweifelhafter Bless x Saatganshybrid stand, scheinbar zusammen mit seiner Familie, auf einem Acker nahe Strodehne.
Hybrid Goose albifrons x rossicus (05.03.2014; Strodehne-Brandenburg, Germany)
Hybrid Goose albifrons x rossicus (05.03.2014; Strodehne-Brandenburg, Germany)
Zwei fehlfarbene eurasische Blessgänse (anser albifrons albifrons) rasteten in der Nähe von Wolsier in den Wiesen. Bei derjenigen mit dem weißen Brustschild sind lustiger Weise nur die rechten beiden äußeren Handschwingen ebenfalls weiß gefärbt. Die andere hat mehr Weiß in den Flügeln, ist sonst jedoch ziemlich unauffällig.
Greater White-fronted Geese (04.03.2014; Wolsier-Brandenburg, Germany), missing colours
Greater White-fronted Goose (04.03.2014; Wolsier-Brandenburg, Germany), missing colours
Flock of Twites (04.03.2014; Pareyer Luch-Brandenburg, Germany)
Am Heuweg, im Pareyer Luch, gab es am 04.03. 62 Berghänflinge (Carduelis flavirostris) in einer Weide, zeitgleich wurden ein Stück entfernt wohl 70 Individuen in einer Pappel beobachtet. Morgens zeigte sich am selben Tag ein adulter Silberreiher (Ardea alba) im Prachtkleid mit roten Tibiae und dunklem Schnabel bei vollem Balzgehabe mit abgespreizten Schmuckfedern. Eine schöne Erscheinung - hatte ich so vorher noch nicht gesehen. Die oder der Verehrte allerdings noch mit gelbem Schnabel und dunklen Beinen, außerdem eher "unterkühlt" wirkend. Nach der Sichtung einer fliegenden Rothalsgans (Branta ruficollis), in einem Trupp durch zwei Mäusebussarde (Buteo buteo) aufgescheuchter Bless- und Weißwangengänse, trat ich dann am 05.03., gegen späten Nachmittag hin, die Heimreise an.

Bis demnächst...