Sternabert

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Montag, 13. August 2012

Augustmöwen für Interessierte

Bei einer erquicklichen Kanutour auf der Ketziner Havel sind mir am Wochenende insgesamt 7 Eisvögel begegnet. Eine Nilgans überflog das Boot und auf Pollern in der Nähe der Ketziner Fähre hielten sich einige Großmöwen auf, die sich vom Kanu aus fotografieren ließen. Die Fotos sind wie immer nicht die besten, aber ich denke für einige Bestimmungsübungen wird es reichen.

K2 Mittelmeermöwe (Larus michahellis), ad. Steppenmöwe (Larus cachinnans) und K1 Mittelmeermöwe (Larus michahellis) 11.08.2012
Im linken Bildteil sehen wir 3 Vögel, die wohlweislich in den Komplex der Großmöwen gehören. Rechts die gleiche Gruppe beim Abflug, sodass man, zumindest bei den unausgefärbten (immaturen) Tieren, die Färbung der Unterflügel zur Bestimmung heranziehen kann. Los geht´s! Möwe Nr.1, von li. nach re., ist ziemlich hell  und zeigt eine geringe Handschwingenprojektion, einzelne Schwungfedern sind allerdings offensichtlich noch im Wachstum befindlich bzw. fehlen, sodass die Flügellänge zur Bestimmung nicht ins Gewicht fällt. Sie hat helle UF, lange Beine, ein weniger fließendes Schnabel-, Kopfprofil mit starkem, stumpf endendem Schnabel, mehr oder minder massigem, rundstirnigem Kopf, sowie eine deutlich abgegrenzte, jedoch ziemlich schmal erscheinende, schwarze Schwanzendbinde. Einige dieser Punkte, sowie das Muster der Schirmfedern und die bunt, z.T. gräulich wirkenden Rücken- und Flügeldecken, sprechen wohl für eine Mittelmeermöwe im 2. Kalenderjahr. Die hellen UF und die insgesamt sehr helle Gefiederfärbung ließen mich anfänglich an eine etwas ungewöhnlich gebaute, dickschnäblige Steppe mit fehlenden äußeren HS denken, können aber halt auch bei michahellis schon in diesem Alter auftreten. Bei der mittig stehenden Möwe müssen wir uns auf strukturelle Merkmale verlassen, denn wir können auf dem Bild weder die HSP, noch die HS-Zeichnung adäquat einschätzen.
ad. Steppenmöwe (Larus cachinnans) 11.08.2012
Allerdings hat auch diese offensichtlich adulte Möwe vergleichsweise lange, blass gelbliche Beine. Das ziemlich klein und dunkel wirkende Auge liegt relativ hoch im Kopf, welcher eher flachstirnig und im Verhältnis zum Körper lütt erscheint. Das Gonyseck wirkt auf dem Foto ein wenig ausladend, ist aber m.E. noch im Rahmen von Steppenmöwen. Der selbe Vogel nocheinmal separat, hier sind ganz schön die langen Flügel mit wenig Schwarz in den HS zu erkennen, auch das Schnabel-, Kopfprofil passt aus der Perspektive wieder blendend. Wir sehen sowohl an der Oberseiten- und SF- zeichnung, als auch am insgesamt recht dunklen Kleingefieder, dass wir es bei Möwe 3 mit einem diesjährigen Vogel zu tun haben.
K1 Mittelmeermöwe (Larus michahellis) 11.08.2012
Sie trägt also ihr Jugendkleid. Richtigerweise muß ich festhalten, dass diese Möwe schon einzelne Mantel- und Schulterfedern eneuert hatte (was man auf dem Foto nur erahnen kann), also schon anfängt, ins erste Winterkleid zu mausern. Sie hat einen durchgängig schwarzen, starken, kurzen und stumpfen Schnabel und ein großes dunkles Feld ums und hinterm Auge. Die basal ungezeichneten äußeren großen Armdecken bilden eine diffuse dunkle Flügelbinde. Ihre UF sind dunkel und die Schwanzendbinde klar abgesetzt und schwärzlich. Silbermöwen zu dieser Zeit in dem Alter haben i.d.R. noch keine Mantel und Schulterfedern erneuert und meist ein Löwenzahnblattmuster auf den SF, eine insgesamt heller erscheinende Oberseite, sowie eine eher diffus abgegrenzte, bräuliche Schwanzendbinde. Steppenmöwen zeigen hingegen einen schlankeren, manchmal an der Basis schon aufgehellten, spitzeren Schnabel, helleres Kopf- gefieder und weniger dunkle UF. Ergo haben wir es mit einer diesjährigen Mittelmeermöwe zu tun.
Noch 2 adulte Möwen als Nachschlag:

adulte Mittelmeermöwe (Larus michahellis) und Larus spec. 11.08.2012

Nicht ganz einfach. Hier kann man allerdings ein paar Mauserkomponenten zur Bestimmung heranziehen. Silbermöwen sind ja, wie oben schon angemerkt, später dran. Die HS werden von innen nach außen, also von "körpernah" nach "körperfern" erneuert. Ich hab´ die Möwen mal entsprechend meiner Bestimmungsherleitung gekennzeichnet. Beide Tiere sind augenscheinlich adult, haben helle Iriden. HS1 - 5 des linken Vogels sind komplett neu und voll gewachsen. HS6 ist im Wachstum befindlich. HS7 fehlt, 8, 9 und 10 sind alt mit ausgedehntem Schwarzanteil und speziell 10 an der Spitze stark verschlissen (deshalb kurz und ohne schwarze Subapikalmarkierung). Der Spiegel auf 9 ist verhältnismäßig klein. Auf 5 befindet sich eine durchgehende schwarze Subapikalbinde. Die langen gelben Beine und das Kopf-, Schnabelverhältnis passen auch ganz gut zu MM. HS1 - 5 der rechten Möwe sind ebenfalls ausgewachsen. 6 und 7 werden noch geschoben. 8 fehlt und 9 und 10 sind alt. 10 ist hier nicht so ramponiert wie bei der anderen Möwe und man kann am re. Flügel schön eine schwarze Binde in der weißen Flügelspitze sehen (abermals auch auf 5 durchgehend). Der Spot auf HS9 ist mäßig ausgeprägt. Wieder lange, gelbliche Beine und ggf. dunkle, angedeutete Augenmaske. Das Rot des Gonysecks dehnt sich noch erahnbar auf den Oberschnabel aus. Sie rangiert ohne Steuer. Was mich etwas irritiert sind sowohl die recht filigrane Schnabelform und die schmal wirkenden  Flügel, als auch die Blässe der unbefiederten Körperteile. Die Form der relativ langen, hellen Zungen auf den Innenfahnen der alten HS passt eigentlich am besten zur Silbermöwe (Larus argentatus). Bei diesem Vogel kann man über Hybrideinfluss spekulieren, sie als Larus (maximus) spec. fliegen lassen, oder nochmal über ihr Alter nachdenken. Nach Einschätzug einiger Möwencracks am wahrscheinlichsten ein Hybrid zwischen Steppen- x Silbermöwe.

Das soll es vorerst gewesen sein - reicht ja auch...

Freitag, 10. August 2012

OVP vs. HVL

Auch Ostvorpommern hat seine Reize, speziell wenn es um Limikolenzug und Badevergnügen in der Ostsee geht. Ich dachte mir, der junge August sei eine gute Zeit und selbst eine mehrstündige Überlandfahrt kann sich ja ganz interessant gestalten. Kurz hinter der Landesgrenze Brandenburgs, in der Nähe von Röbel, kreisten beispielsweise mehr als 58 Schwarzmilane am abendlichen Himmel und auch die Weißstörche sammelten sich in den umliegenden Wiesen schon zu größeren Zugtrupps. Ich kam erst nachts in den Karrendorfer Wiesen an und wurde sogleich von ein paar im Flug rufenden Sichelstrandläufern begrüßt. Am nächsten Morgen erhielt ich dann allerdings ersteinmal ´ne gehörige Dusche zum Wachwerden. Als der Starkregen dann langsam abzog und ich meine Garnitur gewechselt hatte, kam mäßiger böiger Wind auf. Nichtsdestotrotz konnte ich neben Kiebitzen, Gold- und Kiebitzregenpfeifern sowie deren kleineren Verwandten Fluss und Sand, Rot- und Grünschenkeln, Bruch-, Wald- und Dunkelwasserläufern, Alpen-, Sichel- und Zwergstrandläufern, Knutt, Flussuferläufer, Uferschnepfen, Großen Brachvögeln und Säbelschnäblern, auch zwei Sumpfläufer und einen Temminck beobachten. Am Schilfrand brachte eine nasse ad. Wasserralle ihr Gefieder in Ordnung und wurde ab und an mal von einem jugendlichen Vogel besucht.


Hier links ein Flussre- genpfeifer im JK, rechts ein abfliegender, junger Zwergstrandläufer, welche ab Anfang August bei uns durchziehen, nachdem die adulten den Wegzug schon in der zweiten Julidekade eingeleitet haben.
Die zwei Sumpfläufer blieben natürlich auf Distanz, obgleich sie,
dem Aussehen nach, meine Favoriten unter den Limis sind. Temminck- strandläufer sehen etwas unscheinbarer aus, dieser hier rechts gab sich allerdings sehr fotogen.


Am Peenemünder Haken kann man dann gut in der Ostsee baden und danach ausgiebig Vögel beobachten. Bei ablandigem Wind tummeln sich Großmöwen und Seeschwalben auf den freigespülten Sandbänken und meine Limiliste konnte um 5 Sanderlinge, 8 überfliegende und lauthals rufende Regenbrachvögel, Pfuhlschnepfen und Austernfischer erweitert werden. Mehr als 58 Raubseeschwalben sind schon ein Erlebnis. Wer sie einmal rufen hört, wird dieses Geräusch nie wieder vergessen. Neben größeren Zahlen Fluss- und Brandseeschwalben, konnte ich auch noch zwei Trauer-, 3 Zwerg- und 1 dj. Küstenseeschwalbe bestimmen. Zwischen vornehmlich Silber- und Mantelmöwen hielt sich auch eine ad. Steppenmöwe auf.

Vorm Strand schwammen neben ca. 160 Hauben- tauchern und 32 Bergenten auch 1 Rothalstaucher und 5 Prachttaucher, jeweils im JK, umher. Bachstelzen, Goldammern und Stare nutzen die z.T. mit Schilf bewachsenen Spülsäume zur Nahrungssuche.

Im Peenetal bei Murchin liegen Polder, die im Rahmen eines Projektes zum Schutz des Seggenrohrsängers  naturschutzfachlich betreut werden. Auch hier bieten sich gute Rast- und Brutbedingungen für seltene Vogelarten. So flogen ca. 50 Weißbartseeschwalben umher, die z.T. noch ihre Jungen fütterten. Neben den "üblichen" Watvögeln konnte ich, bei leider erneut eher suboptimalen Beobachtungsbedingungen, 2 sehr helle und vom Körperbau eher filigrane, kaum größer als Bruchwasserläufer erscheinende Exemplare ausmachen. Nach kurzem Marsch und etwas Nachsuche stand die Diagnose dann fest - es waren 2 Teichwasserläufer!

Einer der Vögel erweckte den Einruck, dass es sich um ein jugendliches Tier handeln könnte. Nach Recherche bei ornitho.de stellte sich heraus, dass einige Tage zuvor ebendort auch schoneinmal 1 bzw. 3 Individuen dieser Art gesichtet wurden, wobei man die 3er Gruppe als 2 ad. und 1 dj. bestimmte. Im Juni wurde an gleicher Stelle ein Altvogel im PK gemeldet. Das zusammen könnte man ja schon fast als Grundlage für eine Spekulation bezüglich einer möglichen Brut nehmen, denn auch in diesem Jahr wurde die erste Teichwasserläuferbrut für Deutschland in SH bekannt. Nach Angabe eines befreundeten Ornis haben in jenen Poldern in 2012 sogar Stelzenläufer gebrütet. Die letzten Seggenrohrsänger allerdings bedauerlicherweise nur bis 1975.
Nebenbei nahmen 22 Rothirsche im Rudel nicht die geringste Notitz von mir,  nutzten das offene Gelände und ließen sich den frischen Aufwuchs munden.